Kraftomnibus 181

Lebenslauf des MAN Standardbus I SL200 »Ludwig« Nr. 181


Ludwigshafener für Dessau

Als am 7. August 1980 in Ludwigshafen am Rhein der MAN SL200 mit dem Kennzeichen LU-HC 547 zugelassen wurde, konnte sicher noch keiner ahnen, welche bewegte Geschichte dieser Standardbus noch erleben wird. Nach 13 Einsatzjahren im Rhein-Neckar-Raum folgte das Fahrzeug den Weg, den 1990 bereits vier andere, ältere SL200 gegangen sind: nämlich nach Dessau. Kurz nach der Wende fuhr man hier noch vollständig mit Ikarus-Bussen aus Ungarn, die plötzlich als technisch veraltet galten. Da es anfangs noch keine Förderung für Neufahrzeuge gab, schaute man sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt in den alten Bundesländern um. Waren die vier ersten SL200 noch ein Geschenk der Partnerstadt, wurden 1992 und 1993 neun Busse von den Verkehrsbetrieben Ludwigshafen (VBL) abgekauft. Übrigens kaufte Dessau 1990 noch sechs SÜ240 aus Siegen, die durch ihre breite Doppeltür vorn wenig mit den klassischen MAN SÜ gemein hatten. Aber zurück zu unserem Ludwigshafener.
Alle Busse erhielten in Dessau eine Grundinstandsetzung, die zumeist mit einer Neulackierung in den neuen Standardfarben gelb-orange endete. Unsere 181, zugelassen also als DE-V 181, wurde auch aufgefrischt, behielt aber den Ludwigshafener Look in elfenbein mit rotem »Latz« an der Front.
Nach einem Motorbrand im Jahr 1996 wurde der Bus doch noch einmal saniert und mit einem Austauschmotor ausgestattet. Bei der Aufarbeitung entschied man sich aber, den MAN als Infomobil umzugestalten. Die ganze Bestuhlung wurde entfernt, entsprechende Schränke und Technik verbaut. Neben der Neulackierung in der DVG-Farbe hellgrün erhielt der Bus im Inneren einen Teppich verlegt. So rollte die 181 durch die Stadt und stand an verschiedenen Orten zur Information und Fahrkartenverkauf zur Verfügung. Doch diese Aufgabe sollte der Bus nicht lange inne haben.

Die 181 wird zum Spielmobil

Das Urbanistische Bildungswerk e.V. (UBW) betrieb zu dieser Zeit bereits mit einem Ikarus 260.02 (ehemals VEB Verkehrsbetriebe Dessau KO-10 67) ein sogenanntes »Spielmobil« - Kinder und Jugendliche konnten so an ihrem Wohnort das sozialpädagogische Angebot des UBW nutzen und mit den Spielgeräten aus dem Bus spielen. Dazu gab es sogar, wie uns das UBW mitteilte, eine Art Manifest im deutschsprachigen Raum für den Betrieb von Spielmobilen.
Als dieser Ikarus im Jahr 1998 einen Motorschaden erlitt, half die DVG mit ihrem zu diesem Zeitpunkt außer Betrieb genommenen Infomobil aus. Die 181 behielt ihr grünes Kleid, wurde aber entsprechend bunt und kindgerecht umgestaltet. Im Inneren flog die Vertriebstechnik der Verkehrsgesellschaft raus, dafür wurden Verstaumöglichkeiten für die Spielgeräte geschaffen. Nach einem richtigen Fahrplan wurde der Standardbus in den Stadtteilen von Dessau-Roßlau eingesetzt. Nach knapp 20 Jahren verließ der jahrelange Buslenker das Urbanistische Bildungswerk in den wohlverdienten Ruhestand. Die Suche nach einer geeigneten Fachkraft, die die D-Fahrerlaubnis besitzt und nebenher noch sozial-pädagogisch ausgebildet ist, gestaltete sich schwierig. Vielleicht auch durch die Covid-19-Pandemie entschied sich das UBW im Herbst 2020, auf ein kleineres Fahrzeug umzusatteln, was mit B-Führerschein gefahren werden kann.

Die Nahverkehrsfreunde übernehmen den Ludwigshafener Löwen

Schon länger waren wir von den Nahverkehrsfreunden an der Übernahme einer der beiden verbliebenen ex-Ludwigshafener MAN SL200 interessiert. Der andere, die ex 118, wurde bei der Verkehrswacht Dessau als mobile Jugendverkehrsschule eingesetzt. Dieser gelb-orange Vetreter wurde aber überraschend im Sommer 2019 an eine Privatperson verkauft. Also wurden unsere Kontakte zum Urbanistischen Bildungswerk enger. Ende September 2020 kam dann die für uns positive Mail: Wir können die 181 gern übernehmen! Nach einem Besichtigungs- und Probefahrtstermin am 2. Oktober wurde gleich der Abhol- und Ausräumtermin fest gemacht. Am 29. Oktober 2020 rollten wir (vorerst?) das letzte Mal vom DVG-Betriebshof. Es ging in den Schochplan, um die Spielgeräte und Einbauten beim UBW abzuladen und auszubauen. Zur Mittagszeit setzten wir uns dann zum »Stützpunkt Oranienbaum« in Bewegung, natürlich mit obligatorischen Fotohalten, vor allem der am Oranienbaumer Busbahnhof ist bei jedem Bus zur Tradition geworden.
Seither finden, unter entsprechenden Hygiene- und Abstandsregeln, Arbeiten am rüstigen (oder doch rostigen?) Stadtbus statt. Da wir mit Friedrich 1643 bereits einen Standard-Bus aus den 1980ern besitzen und auch der Aufwand, die gesamte Inneneinrichtung wieder zu beschaffen sehr hoch ist, haben wir uns dazu entschieden, die 181 zwar äußerlich in einen Dessauer Zustand der 1990er Jahre zu versetzen, im Inneren aber eine Art »Rollendes Museum« einzurichten. Zum Einen spiegeln wir so die Geschichte als Info-Bus der DVG wider, zum anderen können wir bei Veranstaltungen oder zur Öffentlichkeitsarbeit die Nahverkehrgeschichte der Region näher bringen. Fakt ist auch, dass wir den prägenderen Außenlack gelb-orange anbringen.

         

Es erfolgte im Rahmen der nächsten Arbeitseinsätze die Entfernung der bunten Beklebung außen sowie die Entkernung des Innenraums, wobei hier die Holzmöbel-Einbauten erhalten bleiben sollen.

 

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Zwar etwas unscharf, aber immerhin der Beweis: Unsere 181 war mal ein Ludwigshafener!


Der erste Einsatz im Dessauer Winter machte den Bus, der sein Ludwigshafener Kleid behielt, etwas dreckig. Im Hintergrund ist die gelb-orange Lackierungsvariante noch zu erahnen.


Im März 2005 steht der MAN als Spielmobil umgestaltet auf dem Betriebshof und wartet auf neue Einsätze.


Am 15. Januar 2019 ist die 181, schon gekennzeichnet durch das lange draußen Stehen, auf dem Roßlauer Schillerplatz aufgestellt.


Durch den glücklichen Umstand, jetzt zwei Standardbusse der 1980er Jahre zu besitzen, fällt auf, dass Standard nicht Gleichheit bedeutet.