Kraftomnibus 195
Lebenslauf des MAN A21 NL 283 »Leopold« Nr. 195
Nach dem Jahrhunderhochwasser 2002 gibt's einen Bus geschenkt
Nach dem verheerenden Hochwasser an Elbe und Mulde im August 2002 stiftete die MAN-Nutzfahrzeuge-Gruppe an die geschädigten Gemeinden, die auch treue MAN-Besteller waren, je einen Linienomnibus. Dessau erhielt dabei einen ehemaligen Vorführbus, der eigentlich einst für die Omnibus Wilde GmbH in Bochum gebaut wurde. Der Dieselbus stellte im (fast) reinen Erdgasfuhrpark eine Besonderheit dar. Auch sein bläuliches Äußeres mit dem Spruch "Wir sitzen alle in einem Bus!" und die bequemeren roten Sitzpolster waren ein Alleinstellungsmerkmal. Seit 30. September 2002 war er mit der Zulassung DE-V 195 unterwegs.Die andere Ausstattung brachte ihm vor allem Einsätze als Schulbus oder für Sonderfahrten, die auch mal über die Stadtgrenzen gingen. Als eiserne Reserve fuhr der mit dem Spitznamen »Hochwasserbus« versehene MAN aber auch sporadisch im Linienverkehr. In den Sommermonaten wurde die 195 auch gern auf den Ersatzverkehr für die Dessau-Wörlitzer Eisenbahn genutzt, wenn dies nötig war.
Die Nahverkehrsfreunde Dessau e.V. waren natürlich bestrebt, ein Fahrzeug der »alten A21-Generation« zu erhalten. Interessant wäre natürlich der Erhalt einer der 20 Erdgasbusse gewesen. Doch die finanzielle Belastung der aufwendigen Gasprüfung hätten wir nicht stemmen können. So fassten wir ins Auge, irgendwann vielleicht die 195 in unseren Bestand zu übernehmen.
Nach einem Motorschaden scheint das Ende besiegelt
Nachdem der Hochwasserbus ab 2017 wieder öfter im Netz anzutreffen war (vor allem auf der veränderten Linie 16), beschränkten sich die Einsätze im Jahr 2018 vor allem auf den Schienenersatzverkehr wegen der Gleisbaumaßnahme Kavalierstraße. Im Laufe des Jahres 2019 lieh man den ältesten Linienbus immer mal wieder an den Subunternehmer Vetter aus. Bei einem Einsatz auf der Linie 16 am 27. November 2019 leuchtete beim Fahrer eine Rotmeldung auf, wenige Meter später blieb der MAN mit einem Motorschaden liegen. Nach dem Schleppen in die DVG-Werkstatt konstantierten die Mitarbeiter: Reparatur wirtschaftlich nicht mehr vertretbar. So wurde der letzte A21 dieser Generation ausgemustert.Nach langen Bedenken und Gesprächen im Verein wurde dann im Februar 2020 der Kauf der 195 beschlossen.
Die Aufarbeitung bei den Nahverkehrsfreunden
Am 2. März 2020, noch völlig ahnungslos, was uns in den nächsten Monaten erwartet, fuhren wir mit unserem Friedrich 1643 und einer Schleppstange auf den DVG-Betriebshof und kuppelten unsere 195 an. Was die ersten Kilometer noch ganz lustig und spannend war, mit einem 24-Meter-Gefährt durch die Gegend zu fahren, stieß dann bei der Hofeinfahrt auf das ehemalige LPG-Gelände, wo die 195 erst einmal unterkommt, auf Kopfzerbrechen. Aber es ging dann doch irgendwie mit ab- und wieder ankuppeln. Bis ein passender Motor gefunden wird, ist der Hochwasserbus erstmal hier abgestellt.Im Jahr 2020 konnten wir froh sein, trotz der Covid19-Pandemie Sonderfahrten durchzuführen. Auch Arbeitseinsätze mussten unter den nötigen Abstands- und Hygieneregeln durchgeführt werden. Während im Sommer 2020 ein passender Tauschmotor gefunden wurde, haperte es an den Kapazitäten für den Einbau.
Im Januar 2021 konnte dann endlich der Ausbau des alten Motors beginnen. Dafür wurde die 195 zu unserem Stützpunkt in Oranienbaum geschleppt und auf einen Grubenplatz gestellt. Die beiden Vorsitzenden machten sich innerhalb von neun Stunden die Finger dreckig, konnten aber am Ende des Arbeitstages den Koloss mitsamt Getriebe und Kardanwelle aus dem Wagenkasten ziehen. Nach dem Ausbau wurde dann das Getriebe vom Motor getrennt, was sich bei einem festen Motor nicht ganz so leicht gestaltet.
Es folgte erstmal eine gut ausgelastete Sommer-Fahrsaison 2021, in der wir auch unsere Stadtrundfahrt mit den Doppeldeckern aufbauten. Im Herbst 2021 wurde der Austauschmotor mit dem Getriebe bei einem befreundeten Busunternehmer zusammengebaut und für den Einbau in den Wagenkasten der 195 vorbereitet. Der "neue" Motor wurde im Frühjahr 2022 nach Oranienbaum gebracht und wartete nun auf den Einbau. Am 25. April fädelten wir den Austauschmotor ein und befestigten ihn. Zeitnah sollte die Verbindung (Schläuche, Kabel, Rohre) mit dem Fahrzeug erfolgen. Das war durch die einsetzende Fahrsaison wieder mal so eine Sache. Also konnte (zeitnah) am 22. Juli in achtstündiger Arbeit die Verbindung aller Kabel und Schläuche erfolgen. Gegen 16 Uhr bauten wir die Batterien ein und es erfolgte der erste Startversuch nach zweieinhalb Jahren. Er zuckte. Wir waren begeistert. Wir mussten anschließend Fehler auslesen und löschen, bis ein weiterer Startversuch unternommen wurde. Dieser klappte ebenfalls. Noch eine Schlauchschelle festgezogen und es konnte ans Tageslicht rausgefahren werden. Mit mäßiger Geschwindigkeit konnte die erste Hofrunde nach der langen Standzeit gedreht werden. Ein toller Tag ging zu Ende.
In nächster Zeit erfolgt dann die Aufarbeitung des Innenraums, hier sind einige Sitzpolster verschlissen. Außerdem muss neben Rostarbeiten auch eine Aufarbeitung der Lackierung erfolgen.